Flurin Schmid
ist Präsident des neu gegündeten Vereins IG Vernünftige Thursanierung Wattwil.
Jon Fadri Huder: "Ebnat-Kappel wird dank seiner guten Infrastruktur als Wohnort weiter an Attraktivität gewinnen."
Jon Fadri Huder steht als Gemeindepräsident von Ebnat-Kappel vor grossen Herausforderungen: Ein hoher Steuerfuss und ein budgetiertes Defizit belasten die Finanzen. Dennoch blickt der Betriebsökonom optimistisch in die Zukunft. Mit klaren Zielen und einem starken Teamgeist will er die Attraktivität des Dorfes weiter stärken.
Ebnat-Kappel Fragt man Jon Fadri Huder, welches politische Thema die Einwohnerinnen und Einwohner von Ebnat-Kappel zurzeit am meisten beschäftigt, muss er nicht lange überlegen: «Es ist der Steuerfuss von 139 Prozent und das budgetierte Defizit von zwei Millionen Franken.» Der Gemeindepräsident bedauert, dass er so schnell keine Senkung des Steuerfusses in Aussicht stellen kann. Der Betriebsökonom erklärt: «Das Durchschnittseinkommen in Ebnat-Kappel ist tief und der Wohnraum günstig. Letzteres sei zwar erfreulich, führe aber zum budgetierten Defizit im Jahr 2025. Trotz des hohen Steuerfusses generieren wir zu wenig Einnahmen», sagt Huder. Da eine Steuererhöhung nicht infrage komme und viele Ausgaben gebunden seien, könnten mehr Einnahmen praktisch nur über höhere Gebühren generiert werden, gibt er zu bedenken. Er ist froh, dass Industrie und Gewerbe im Dorf fest verankert sind. Sie bringen nicht nur Einnahmen, sondern auch viele Arbeitsplätze für die Menschen im Toggenburg.
Ebnat-Kappel zählte Ende Jahr 5004 Einwohnerinnen und Einwohner, liegt zwischen 630 (Dorf) und 1950 Metern über Meer (Speer) und umfasst eine Fläche von etwas mehr als 43,50 Quadratkilometern, wovon nur 5,5 Prozent Siedlungsfläche sind. Der Rest sind Landwirtschaftsflächen, Wälder, Gehölze und unproduktive Flächen. Vor seiner Wahl zum Gemeindepräsidenten 2021 leitete Huder acht Jahre lang die politischen Geschicke von Samedan im Kanton Graubünden. Den Wechsel vom Bündnerland ins Toggenburg hat der 58-jährige Vater zweier erwachsener Kinder nie bereut. Er sagt: «Der Anfang war zwar wegen Covid alles andere als einfach. Es war zum Beispiel sehr schwierig, Kontakte zu knüpfen. Aber heute fühle ich mich hier rundum wohl und akzeptiert». Das zeigt auch sein beeindruckendes Wiederwahlergebnis von 94 Prozent im vergangenen September.
Vor rund einem Jahr geriet der Gemeinderat mit seinem Entscheid, einen Teil des Alterszentrums Wier vorübergehend als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen, in die Schlagzeilen. Dem Gemeinderat wurde vorgeworfen, die Bevölkerung zu wenig in den Entscheid miteinbezogen zu haben. Von der damaligen Aufregung ist heute nichts mehr zu spüren: Alles verläuft ruhig, und die eigens eingesetzte Begleitgruppe hat beschlossen, sich erst bei Bedarf wieder zu treffen. «Ich bin sehr erleichtert», sagt der FDP-Gemeindepräsident. «Im Nachhinein hat sich unser Vorgehen als richtig erwiesen. Alles andere hätte das Dorf gespalten, mit langfristigen Folgen», ist er überzeugt.
In diesem Jahr feiert das Dorf zwischen Wattwil und Nesslau den 60-jährigen Zusammenschluss der Gemeinden Ebnat und Kappel. «Vom 22. bis 24. August wird es endlich wieder ein Strassenfest geben», freut sich Huder. Zumal die letzten beiden Strassenfeste einmal wegen Covid ganz ausfiel und das letzte gemeinsam mit Wattwil auf der neu eröffneten Umfahrungsstrasse gefeiert wurde. Getragen wird das Fest vor allem von den örtlichen Vereinen. Die Gemeinde wird zum Jubiläum Geschichten von Zeitzeugen aufzeichnen. «Es gibt in unserem Dorf noch Menschen, die sich an die Zeit vor der Fusion erinnern können. Diese Erinnerungen wollen wir aufschreiben und für die Nachwelt erhalten», erklärt Huder. Und wie wird Ebnat-Kappel in zehn Jahren aussehen? Huder wagt einen Blick in die Glaskugel: «Ich prognostiziere ein moderates Bevölkerungswachstum, auch weil wir bereits heute den Siedlungsdruck von Zürich und St.Gallen spüren. Ebnat-Kappel wird dank seiner guten Infrastruktur als Wohnort weiter an Attraktivität gewinnen. Nun gelte es aber, mit dem neu zusammengesetzten Gemeinderat gut in die Legislatur zu starten. Huder ist zuversichtlich: «Mit drei neuen Mitgliedern stehen wir vor einer neuen Ausgangslage. Ich bin überzeugt, dass wir auch in den nächsten vier Jahren einen guten Teamgeist pflegen werden und freue mich, die Herausforderung gemeinsam mit meiner Ratskollegin und den Ratskollegen anzugehen.»
⋌Michel Bossart
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