René Bürgin
gibt regelmässig Tipps und Ratschläge rund ums Hören & Verstehen.
Kleiner Verein ganz gross: Obwohl gerade mal 18 Musikantinnen und Musikanten stark, begeht die Musikgesellschaft Wintersberg-Bendel in diesem Jahr ihr 140-Jahr-Jubiläum mit Zuversicht und Abendunterhaltung.
Seit 140 Jahren existiert die Musikgesellschaft Wintersberg-Bendel, das wird am 4.und 5. April mit einem Chränzli im Landgasthof «Sonne» in Wintersberg gefeiert. Ein Blick in die Chronik des Vereins lässt ahnen, dass bei der Musikgesellschaft, der Spass und die Kameradschaft immer eine grosse Rolle gespielt haben. «Das ist so» bestätigt Marcel Früh, seit fünf Jahren Präsident der Musikgesellschaft. Das gemeinsame Musizieren und der Zusammenhalt komme bei ihnen aus dem Herzen. «Bei uns hat das Vereinsleben noch einen hohen Stellenwert», so Früh.
Im Frühjahr 1885 kam der Handsticker Johann Giezendanner im Elternhaus im Helblig darauf, dass Wintersberg eine eigene Blasmusik haben muss. Der Gedanke dahinter war purer Eigennutz: Als Aktivmitglied des Orchestervereins Ebnat-Kappel war Giezendanner der Weg zu weit. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute auch so nahe liegen kann, dachte er sich und überzeugte innert kurzer Zeit seinen Bruder und vier weitere «treue Kameraden». Sie kannten keine Blechinstrumente und hatten zunächst auch keine. Angeschafft wurden erst einmal sechs alte Instrumente, auf denen man fortan fleissig im Trempel übte. Nach einem halben Jahr fand der erste öffentliche Auftritt statt. «An einem schönen Sonntagmorgen im Freien», steht in der Chronik. Das kleine Ständchen überzeugte die Einwohnerschaft von Sonnenhalb Kappel, 80 Passivmitglieder bezeugten mit einem Beitrag ihre Sympathie für die Truppe. So konnten neue Instrumente beschafft werden und die Gruppe wuchs stetig an, konnte sich bald mit anderen Landmusiken messen. 1887 nahm der Verein das erste Mal an einem Musikfest in Nieder-Uzwil teil und liess sich erfolgreich bewerten. Die Liebe zur Musik und die Verbundenheit mit der Bevölkerung waren und sind bis heute Grundsteine für die Existenz der Musikgesellschaft Wintersberg-Bendel. Rückblickend war es sicher wie bei vielen anderen Jubelvereinen eine Berg- und Talfahrt: wechselnde Präsidenten, scheidende Dirigenten; Mitgliedermangel und hin und wieder Misstöne untereinander. Bei so vielen Musikvereinen in der direkten Umgebung, sei das Überleben nicht immer einfach gewesen, erklärt Marcel Früh, aber man habe sich bis heute behaupten können und darauf sei man sehr stolz. Stolz sei man auch auf die schönen Uniformen. «Unsere sind bereits 40 Jahre alt», erklärt der Präsident. Zum 100-Jahr-Jubiläum wurden 30 Stück angefertigt. Es hat also noch welche vorrätig und Stoff für neue auch noch.
Heute zählt die Musikgesellschaft 18 aktive, zum Teil langjährige, Mitglieder. Der Älteste ist Toni Truninger mit 84 Jahren, die Jüngste ist gerade einmal 12 Jahre alt. Für Leonie Frischknecht sei das kein Problem, wie sie sagt. Das musikalische Rüstzeug holt ich sich bei der Musikgesellschaft Ennetbühl, die interessierte Kinder und Jugendlichen ausbildet. Von der Zusammenarbeit profitiere man so, erklärt der Präsident. Marcel Früh trat als Jugendlicher im Jahr 2006 als Schlagzeuger dem Verein bei, seit fünf Jahren präsidiert er ihn. Neben den Auftritten an der Bundesfeier in Krummenau, dem Wald-Gottesdienst im Scherb, Platzkonzerten in Ebnat-Kappel und Unterhaltungsabenden, hat der Verein vor einem Jahr wieder einen besonderen Anlass durchgeführt: das Gadefescht. Regelmässig finden gemeinsame Vereinsaktivitäten statt, wie Wanderungen oder das Ski-Weekend und die Teilnahme als Team am Bschöttirohr-Grümpli in Ennetbühl.
Zurzeit laufen die Proben und Vorbereitungen der Musikantinnen und Musikanten für den Jubiläumsanlass im Landgasthof «Sonne» in Wintersberg auf Hochtouren. Dieser findet am Freitag, 4. April und Samstag, 5. April, jeweils um 20 Uhr, statt. Normalerweise trifft sich die Musikgesellschaft einmal in der Woche zum Üben in Krummenau, vor wichtigen Auftritten gibt es Zusatzproben. Geleitet werden diese von dem Dirigenten. Der Lenin Zavaleta Chavez. Der 48-jährige gebürtige Peruaner lebt und arbeitet in St. Gallen. Vor sechs Jahren übernahm er die Aufgabe und das war für ihn schon eine besondere, den bis dahin hatte ausschliesslich Chöre dirigiert. Doch er schätzt die Arbeit mit der Musikgesellschaft Wintersberg sehr und die sind ihm sehr dankbar, dass er sich Woche für Woche für sie Zeit nimmt. Die Musikgesellschaft Wintersberg-Bendel spielt in der vierten Stärkeklasse. Sie nimmt aber regelmässig an Kreismusiktagen und kantonalen Musikfesten teil. Sie immer wieder dafür vorzubereiten, ist den Dirigenten eine Herzensangelegenheit. Ihm mache es Freude mitzuerleben, mit wie viel Leidenschaft alle dabei sind. «Jeder gibt sein Bestes», so der Dirigent, «jeder weiss, dass es ihn braucht.» Das ist kein Zweiter oder gar Dritter auf der gleichen Stimme, sodass man sich mal zurücklehnen könne. «Aber alle haben viel Gespür für Tempo und Rhythmus», lobt Chavez Und das braucht es auch, pflegt doch die Musikgesellschaft Wintersberg-Bendel den böhmisch-mährischen Musikstil. Und so besteht der erste Teil ihrer Jubiläumsabende auch aus flotter Marschmusik und Polkas. Im zweiten Teil gibt es traditionell ein Theater. Zur Aufführung kommt dieses Mal der Zweiakter «Urchigi Choscht».
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