Hans Jörg Fehle
erzählt, weshalb der Tod aus der Gesellschaft verdrängt wird.
Die Planung für die Viehschau in Goldingen, beginnt für die Familie Rüegg schon früh. So wird unter anderem der Garten auf dem Hof für den wichtigsten Tag im Jahr gehegt und gepflegt. Schliesslich sollen die bunten Blumen den Kühen als Kopfschmuck dienen.
Goldingen Anders als im Toggenburg oder Appenzellerland, wo die Sennerinnen und Sennen meist in der sonntäglichen Tracht zum Blickfang werden, sind in Goldingen die Kühe herausgeputzt und zum Teil festlich geschmückt. Eine Familie die diese Tradition mit Liebe zum Detail pflegt, sind die Rüeggs hoch oben im Bannholz. Für Patrick Rüegg, der den Hof seines Vaters vor zwei Jahren übernommen hat, zählt der Viehschautag zu den Schönsten im Jahr. Dass seine Kühe blumigen Kopfschmuck, Bauchgurten und verzierte Nasenbänder tragen, hat seinen Grund. ««Zum einen möchten wir unser Vieh, das unser ganzer Stolz ist, am Schautag von der schönsten Seite zeigen. Zum anderen ist es uns wichtig Traditionen zu erhalten und das Dorfleben zu unterstützen», erzählt der 25-jährige Landwirt.
Es ist 13 Uhr und auf dem Hof der Familie Rüegg ist es ruhig. Es duftet fein aus der Küche und Patricks Ehefrau Rahel hat eben den «Zmittag» für die rund zehn Helferinnen und Helfer gekocht. Während sie in der Küche hantiert kümmert sich ihre Schwiegermutter um Töchterchen Selina. Fast alle sitzen gemütlich in der Stube und geniessen die Mittagspause. Es wird geplaudert und viel gelacht. Man spürt die Vorfreude und auch etwas die Aufregung für den kommenden wichtigen Tag. Nachdem das Nachmittagsprogramm kurz besprochen wurde, schwirren alle aus, denn es gilt noch die letzten Kopfschmucke zu erstellen oder das Vieh vorzubereiten und zu waschen. Im grossen «Schopf» neben dem Wohnhaus wird derweil der Kopfschmuck von vielen fleissigen Händen in stundenlanger Arbeit erstellt. «Wir verwenden dafür einen umgedrehten Melkstuhl. Das Stuhlbein wird mit Bauschaum ummantelt. Anschliessend wird das Gebilde mit Klebeband umwickelt und die Blumen können aufgesteckt werden», erzählt Rahel Rüegg. Ein Grossteil der Kopfschmucke sind bereits fertig. Im Nebenraum stehen sie dann, mit bunten Blumen und Tannenreisig geschmückt in Reih und Glied auf einer Sitzbank. Auf dem Boden liegen diverse ebenfalls mit Blumenschmuck verzierte Bauchgurten für den grossen Tag.
Für die Rüeggs beginnt der Viehschautag in aller «Herrgottsfrühe». Besonders für Patrick Rüegg, denn er muss sowohl im heimatlichen Hof sowie weiter oben, nahe dem Restaurant Bannholz, in einem zweiten Stall die Kühe melken. Später werden alle Kühe im oberen Hof geschmückt. Es ist 7 Uhr. Es regnet in Strömen und erste Helferinnen und Helfer sind bereits vor Ort. Nach und nach treffen weitere ein. Patrick Rüegg gibt Anweisungen und packt wo nötig selbst an. Auf der Wiese vor dem Stall ist eine lange Leine etwa einen Meter über dem Boden
gespannt. Daran werden die Kühe angebunden, um geschmückt zu werden. Während die einen die
Kühe aus dem Stall treiben und anbinden, tragen andere den eben per Traktor und Anhänger angelieferten Kopfschmuck sowie die Trychlen auf die Wiese. Kurz darauf kommen die Kühe vom heimatlichen Hof dazu. Über 35 Kühe stehen nebeneinander und die Helfer legen ihnen zuerst die Trychlen um. Für Patrick Rüegg sind sie eben so wichtig wie der Schmuck. «Ich sammle leidenschaftlich gerne Trychlen und Bissen», sagt er und lacht. Zum Teil sind die Lederbänder der Trychlen schön verziert. Auf einem mit Edelweiss bestickten Trychlenträger ist beispielsweise folgendes zu lesen: «Es walte Gott uf der Alp 1974». Während sich die Trychlen mit wenig Aufwand umschnallen lassen, gestaltet es sich beim Kopfschmuck etwas schwieriger. Während Helfer die Hörner der Kuh festhalten, versucht ihr ein weiterer den Kopfschmuck aufzusetzen und festzubinden. Das nasskalte Wetter und der weiche Boden, macht das Arbeiten nicht leichter. Die Stimmung unter den rund 20 Helfern ist dennoch bestens und alle packen mit an. Man merkt, dass Rüeggs Team, dies nicht zum ersten Mal macht. Zusätzlich
legen sie den Kühen verzierte Nasenbänder um. Jene Kühe, die keinen Kopfschmuck tragen erhalten einen geschmückten Bauchgurt. Den Rindern die sich noch auf der Weide befinden, wurde am Vorabend ein Stirnschmuck und eine Bisse angezogen.
Gegen 8.15 Uhr macht sich der lange Zug braun gehornter Kühe und Rinder auf den Weg hinunter nach Goldingen. Petra Rüegg läuft, da sie schon bald Nachwuchs erwartet, in diesem Jahr nicht mit. Sie fährt mit ihrem Töchterchen voraus und ist um die Strassenabsperrungen besorgt. Patrick Rüegg führt den Zug an. «Ich bin froh, dass alles funktioniert hat. Ohne unsere treuen Helferinnen und Helfer wäre das nicht möglich. Dafür sind wir sehr dankbar. Nun freuen wir uns auf einen schönen Viehschautag», sagt er abschliessend.
Von Andreas Lehmann
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